Prompt und Präsenz: Autorschaft im Zeitalter generativer Sprache

Ich schreibe. Ich weiss, dass es ein System gibt, das dasselbe tun könnte – schneller, fehlerfreier, geschmeidiger. Und doch schreibe ich weiter.

Das Schreiben ist kein exklusiver Akt mehr. Die Schwelle zur sprachlichen Artikulation ist gefallen, das Schreiben ist ubiquitär geworden. Eine Fähigkeit, einst als Ausdruck von Bildung und Individualität verstanden, ist nun Funktion – skalierbar, promptfähig, optimierbar.

Ich sitze vor dem leeren Blatt und weiss: Kein Satz, den ich schreibe, ist prinzipiell unnachahmlich. Jeder Gedanke liesse sich synthetisch approximieren, jede Wendung stilistisch reproduzieren. Was mir als Idee erscheint, ist algorithmisch längst vorformuliert – als Wahrscheinlichkeit, als sprachliche Annäherung.

Und doch gibt es einen Unterschied. Nicht im Vokabular. Nicht in der Syntax. Vielleicht nicht einmal im Stil. Aber im Blick. Ich kann mich entscheiden, etwas nicht zu schreiben. Ich kann zögern, abschweifen, unterbrechen, verwerfen. Ich kann andeuten, was ich nicht zu Ende führe – eine Leerstelle lassen, wo der Algorithmus ein Muster erwartet hätte. Ich kann ein Risiko eingehen, das sich nicht rechnet. Ich kann mich irren – und darin lesbar werden.

Die Maschine schreibt keine Texte. Sie formt Oberflächen. Sie erzeugt Kohärenz ohne Kontext, Stil ohne Erfahrung, Sprache ohne Subjekt. Was ihr fehlt, ist nicht das Denken – es ist der Abgrund. Schreiben aber beginnt dort, wo Wahrscheinlichkeiten brechen. Wo ein Satz nicht nur geschrieben wird, weil er folgen könnte, sondern weil er stört, irritiert, zögert. Wo ein Gedanke nicht der effizienteste ist, sondern der unbequemste. Wo Bedeutung nicht ausgedrückt, sondern gesucht wird.

Vielleicht liegt Autorschaft heute weniger im Schreiben selbst als in der Entscheidung, anders zu schreiben – gegen die Wahrscheinlichkeit, gegen die Glätte, gegen die Erwartung. Vielleicht beginnt sie im Beharren auf das, was nicht generiert werden kann: ein Blick, ein Zweifel, eine Leerstelle.

Ich schreibe also weiter. Nicht, weil ich besser schreibe als die Maschine. Sondern weil ich weiss, dass ich schreibe.

(Bild: Baona / iStock.com)